Ein Hauch von Zukunft


Wir reden immer über die schlimmen Folgen der Klimakrise, aber selten über die Träume die wir anstattdessen haben. Dieser Text ist eine Utopie.

Stuttgart 2035 – Die ehemalige Autostadt ist quasi nicht mehr wiederzuerkennen. Der Wandel der „grünen Zwanziger“ hat auch im Kessel seine sehr bemerkbaren Spuren hinterlassen. Der Hauptbahnhof steht immer noch an der Stelle, an der er seit Jahren steht, die Gleise des Kopfbahnhofs sind aber nun vollständig verschwunden. Das umstrittene und jahrelang bekämpfte Projekt Stuttgart 21 ist aber nicht wie geplant fertiggestellt worden. In den letzten fünfzehn Jahren wurde ein neues Konzept entwickelt und gebaut, welches mehr auf Klima, Umwelt und Sicherheit achtet und allgemein eine Sinnvollere Ausführung des Projektes ist.Auch das Europaviertel und vor allem die geplante Erweiterung ebendieses Viertels auf das ehemalige Gleisfeld wurde hinterfragt und stattdessen der Schlossgarten und der Rosensteinpark erweitert und noch aufenthaltsfreundlicher gemacht.Allgemein liegt der Fokus der Stadtentwicklung auf Demokratisierung und Sozialisierung des Lebensumfelds der Menschen. Das Auto wurde aus der Stadt verbannt und Soziale Verkehrsmittel wie Bahnen und Busse, aber auch Fahrräder, sind besser ausgebaut und bieten auch bessere Möglichkeiten zum Transport größerer Frachten.Die Stadt wurde lebenswerter. Öffentliche Plätze und Parks wurden vergrößert und verschönert. Rosensteinpark und Killesbergpark wurden verbunden und der Killesbergpark nach Osten erweitert. Sie bilden nun mitsamt dem Schlossgarten und weiteren Parks und entlang des wieder geöffneten und renaturierten Nesenbachs einen durchgängigen „Grünen Gürtel“ um Stuttgart-Nord, -West, -Süd und -Mitte.An sich gibt es mehr Aufenthaltsräume. Vor allem für Jugendliche wurden mehr Räume geschaffen, in denen sie sich aufhalten können ohne etwas konsumieren zu müssen.Viele Teil des Neckars wurden renaturiert oder zumindest besser zugänglich gemacht. Das Neckarbad Leuze ist eines der beliebtesten Ausflugsziele.

Die Stadtstruktur, aber auch die Ordnungsstruktur, wurde und wird dahin umgebaut, dass die Gemeinschaft sozialer zusammenlebt. Die Viertel teilten sich in selbstverwaltete Kommunen auf, um die dort lebenden Menschen enger zusammenwachsen zu lassen und mehr Teilhabe zu ermöglichen. Es entstehen immer mehr Kommunenzentren oder Bürger*innenhäuser, die als Treffpunkte und Veranstaltungsräume dienen. In Einigen gibt es für alle Menschen zugängliche Werkstätten, in anderen gibt es eine Bibliothek oder ein Kino.Stuttgart wurde essbar. Plätze, Parks und auch die bebauten Teile der Stadt dienen neben ihrer Funktion als Aufenthaltsraum und Treffpunkt auch als gemeinschaftlich bewirtschaftete Landwirtschaft. Die allermeisten Kommunen betreiben große Gemeinschaftsgärten auf Hausdächern, Terrassen und Vorgärten. Da Parkplätze für Autos nicht mehr gebraucht werden, wurde viel Platz zur Umnutzung, Renaturierung oder Bewirtschaftung gewonnen.Die Nachfrage nach Mobilität hat sich tatsächlich verringert. Die isolierende Trennung von Gewerbe und Wohngebieten wurde abgebaut. (Arbeits)wege wurden kürzer durch die Ansiedelung von mehr und mehr Arbeitsplätzen, Dienstleistungen und anderen öffentlichen Gebäuden außerhalb der Stadtmitte. Die Stadt wurde so für Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen geöffnet. Dies vereinfachte die Verbannung des Automobils stark.Außerdem ist Stuttgart zwar gewachsen, im Vergleich zur Vergangenheit gibt es aber verhältnismäßig weniger Arbeitsplätze in der Stadt. Der Berufsverkehr von außerhalb ist stark zurückgegangen, da es auf dem Land wieder mehr Arbeit gibt und immer mehr lokal produziert wird. Die ehemaligen Werke von  Daimler und Porsche und anderen Konzernen werden nur noch teilweise industriell genutzt und gehören auch nicht mehr den Konzernen. Neben der Produktion und Weiterentwicklung von Bussen, Bahnen und Fahrrädern, dienen die Hallen wie alle anderen bebauten Orte der Stadt nicht mehr nur einem Zweck sondern werden bewohnt und belebt.Der Landtag wurde umgebaut und -genutzt zu einem großen Bürger*innenzentrum. Direkt daneben befindet sich der renaturierte Charlottenplatz. Ein Großteil der Straßen wurde in Aufenthaltswiesen und Beete transformiert, der Rest dient jetzt als (Fahrrad-)weg. Die Haltestelle Charlottenplatz bekam zwei neue Zugänge, die sehr fahrradfreundlich sind und so Fahrrad- und Bahnnetz besser miteinander verbinden. Der den Charlottenplatz unterquerende Tunnel dient nun als erstes Fahrradparkhaus Stuttgarts. Die Hauptstätter Allee weiter Richtung Süden erreicht mensch den umgestalteten Marienplatz. Ein großer Teil des Platzes wird nun als Gemeinschaftsgarten verwendet. Die Zacke fährt immer noch von ihrer angestammten Haltestelle, jetzt aber regelmäßiger und öfter. Wie am Charlottenplatz und vielen anderen unterirdischen Haltestellen ist auch hier die Verbindung von Rad- und Bahnnetz verbessert worden.  Auch als Treffpunkt erfreut sich der Marienplatz immernoch großer Beliebtheit. Dieser Wandel ging natürlich auch mit großem politischen und wirtschaftlichen Wandel einher. Bürger*innen haben eindeutig mehr Teilhabe an sowohl politischen, als auch wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen. Außerdem ist es auch für jüngere Mitmenschen möglich, mehr am politischen Leben teilzunehmen.

Die Schulen sind zu Orten des Wandels geworden. Schon früh setzen sich Kinder und Jugendliche mit ihren Ideen und Träumen für die Zukunft auseinander und arbeiten, von

der Schule unterstützt, an Projekten, die diese Ideen auch umzusetzen. Auch ist der Unterricht immer weniger stumpfes Auswendiglernen und es wird immer wichtiger, kritisch zu hinterfragen, und sich mit unterschiedlichen Ansichten auseinanderzusetzen. Das bedeutet aber nicht, dass Wissenschaften viel weniger wichtig sind.  Das alles wird dadurch ermöglicht, dass die Schüler*innen wesentlich mehr Zeit für die eigene Bildung bekommen und nicht auf Zeitdruck für den Arbeitsmarkt gefertigt werden, weil das einfach nicht mehr notwendig ist.Das menschliche Handeln und Schaffen hat allgemein wieder einen menschlichen Maßstab. Nicht mehr globale Finanzmärkte und der Zwang nach Wachstum beeinflussen Handeln und Schaffen, sondern die Fragen  nach der Nachhaltigkeit und  Notwendigkeit.

Wäre das nicht sinnvoll?